Ein großer Schritt in eine gemeinsame Zukunft Unsere Projekte

Wie alles begann

Auf den Spuren von Franz und Klara

Man schrieb das Jahr 1211 und alles begann mit einem folgenreichen Haarschnitt. Klara, erste von drei Töchtern der Adelsfamilie Offreduccio, floh am Abend des Palmsonntages als 18/19-Jährige aus ihrem Elternhaus zu Franziskus in die Portiunkula Kapelle und ließ sich von diesem als symbolträchtiges, religiöses Zeichen das Haar schneiden. Auch sie will Besitz und Macht hinter sich lassen und ein Leben gleich dem Franziskus führen – ein Leben in Armut und Einfachheit. Auch Solidarität, Gerechtigkeit und achtsames Wahrnehmen der Natur und der Schöpfung waren für beide prägende Werte. Werte, die heute wieder stark in den Vordergrund treten und Beachtung finden.

Am Ostermontag, den 1. April 2024 machte sich eine bunt gemischte Gruppe begleitet von Sr. Rita Kitzmüller, Mag.a Anna-Lena Mauschitz, Sr. Helena Fürst und Br. Stefan Kitzmüller, auf den Weg, um auf den Spuren des Hl. Franz und der Hl. Klara zu wandern und ihre Wirkstätten zu besuchen. Einer der bekanntesten Orte und Pilgerstätten stellt der Geburtsort beider dar: Assisi, ein kleines Städtchen inmitten des hügeligen Umbriens. „Zum einen Bestand der Wunsch Assisi kennenzulernen, und andererseits nehme ich gerne an spirituellen Angeboten der Elisabethinen teil, weil sie mir einfach gut tun“, so die Teilnehmerin Beate Plattner, Mitarbeiterin der Apotheke im Ordensklinikum Linz Elisabethinen. Eingebettet in dichtes Grün fügen sich die sandsteinfarbenen Gebäude Assisis in die Landschaft ein. Abseits des touristischen Treibens kommen Menschen hier her, um innezuhalten und in die Geschichte des Mittelalters einzutauchen.​​​​​​​

Im Jahre 1204 brach Franz als 30-Jähriger aus dem Kaufmannsleben seines Vaters Pietro di Bernardone aus und fand seine endgültige Berufung 1208 in der Portiunkula Kapelle, welche er neben der Landkirche San Damiano zuvor restauriert hatte. „Alsogleich löste er die Schuhe von den Füßen, legte den Stab aus der Hand und zufrieden mit einem einzigen Habit, vertauscht er den Ledergürtel mit einem Strick.“ (Thomas von Celano I,22) Seit 1209 war der Orden der Minderen Brüder (der „Erste Orden“) mündlich von Papst Innozenz II anerkannt. Bereits im Jahr 1221 war die Gemeinschaft auf 5000 Brüder angewachsen, die zu einer Versammlung in Portiunkula zusammenkamen.

Die Reisegruppe besuchte die heutige große Basilika Santa Maria degli Angeli, welche direkt unter der zentralen Kuppel die kleine Kapelle Portiunkula (lateinisch für „Kleiner Flecken“) beherbergt. Gefunden wurden der ursprüngliche Chor und Fußbodenreste, die wahrscheinlich zum ersten gemauerten Kloster gehörten. Vor der Basilika erstreckt sich ein großer, mit Bäumen bepflanzter Platz, der an den alten Eichenwald erinnert, der Portiunkula einst umgab.

Klara lebte währenddessen sesshaft mit drei Frauen in San Damiano. Ihre Gemeinschaft war 1238 bereits auf 50 Schwestern angewachsen. Schwestern, die, um der Armut gerecht zu werden, auf einem einfachen Sack gefüllt mit Stroh schliefen. Franziskus, der sich mit seinen Brüdern an unterschiedlichen Orten aufhielt, lebte in seinem letzten Lebensjahr noch in San Damiano, wo er das bekannte Schöpfungslied „Sonnengesang“ dichtete. Umgeben von Olivenhainen fügt sich San Damiano, bestehend aus einer bescheidenen Kirche mit angrenzendem Kloster, in die Stille der Umgebung und farblich in die Natur ein. Im Alter von ca. 54 Jahren, im Jahr 1247, schrieb Klara als erste Frau in der Kirchengeschichte ihre Regel für die Ordensgemeinschaft der Klarissen („Zweiter Orden“) auf. Zielstrebig, mit Beharrlichkeit und unerschrockener Tatkraft ging sie ihren Weg: „So ist unser Leben. Wir sind unterwegs. Jeder auf dem eigenen Weg.“ (Klara) Klara ging als starke Frau ihren eigenen Weg nach den Grundwerten des Franziskus und ließ sich nicht von diesem abbringen. Kurz vor Klaras Tod bestätigt Papst Innozenz IV ihre Regel. Klara verstirbt 1253 im Alter von 60 Jahren.

Sowohl Franz als auch Klara wurden zunächst in der Kirche San Giorgio beigesetzt. Später wurde hier die Basilika Santa Chiara erbaut, wo sich unter den Reliquien das Original der Regel der Heiligen Klara befindet. Ein ebenso beeindruckender Bau ist die Kirche San Francesco, wohin 1230 der Leichnam des Heiligen Franziskus überführt wurde. In Assisi besuchte die Gruppe auch noch andere geschichtsträchtige Orte wie San Francesco Piccolino und Chiesa Nuova. „Wichtig ist die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen, nicht immer den bequemen Weg zu gehen und trotzdem zu seinen Grundwerten zu stehen“, meint auch OÄ Dr.in Elisabeth Hauer, Fachärztin Chirurgie am Ordensklinikum Linz Elisabethinen.

Am zweiten Tag verließ die Reisegruppe die Stadt Assisi und begab sich in die Wälder am Berghang des Monte Subasio zur Einsiedelei Carceri. Diese ist auch heute noch ein Ort der Abgeschiedenheit und der Stille, ein Ort, um in Ruhe nachzudenken, zu reflektieren und neue Kraft zu schöpfen. Auch Franziskus zog sich hierhin zur Betrachtung, zum Innehalten und Gebet zurück: Alle Mitreisenden waren eingeladen, eine gemeinsame Messe zu feiern und anschließend einen Moment der Stille zu genießen, in sich zu gehen, sich über so Manches Gedanken zu machen oder auch Dinge loszulassen. Wichtig ist dies auch für Elisabeth Hauer: „Ohne Innehalten und die Möglichkeit in Ruhe Dinge zu überdenken, ohne Selbstreflexion ist eine Weiterentwicklung nicht möglich.“

Am dritten Reisetag führte die Reisenden der Weg ins Rieti-Tal, eine prächtige Landschaft geprägt von der beeindruckenden Gebirgskulisse der Reatiner Berge. Franziskus schrieb hier im Rieti-Tal seine Ordensregel in einer, in den Felsen gebauten, franziskanischen Einsiedelei, in Fonte Colombo. In Greccio, einer weiteren Einsiedelei inszenierte Franziskus im Jahr 1223 an Weihnachten ein erstes Krippenspiel mit Menschen und Tieren.

Zum Abschluss der gemeinsamen Reise besichtigte die Gruppe La Verna, ein Kloster, das durch die Abgeschiedenheit und die Weite der Landschaft beeindruckt. Naturverbunden und zurückgezogen lebte Franziskus hier einige Monate im Jahr 1224. „Die Atmosphäre in La Verna war faszinierend. Die Schlichtheit des Klosters lässt auf das einfache, reduzierte Leben von einst schließen. Es stimmt einen nachdenklich und macht bewusst, wie gut es uns allen geht“, so Beate Plattner.

 

„Manchmal braucht man einen Moment der Stille, um wieder das Wesentliche zu hören. Einen Moment mit geschlossenen Augen, um wieder klar zu sehen. Einen Moment auf das Herz hören, um das Leben zu spüren. Einen Moment des Rückzugs, um wieder stark zu werden.“

(Unbekannt)

 

Dass heute so viele Details über das Leben des Heiligen Franziskus und der Heiligen Klara bekannt sind, verdanken wir unter anderem dem Gefährten des Franziskus, Thomas von Celano, der von Papst Gregor IX bereits wenige Jahre nach dem Tod des Franz beauftragt wurde, dessen Leben aufzuschreiben. Franz und Klara waren Seelenverwandte, in Geschwisterlichkeit miteinander verbunden und begegneten einander stets auf Augenhöhe. Seit mehr als 800 Jahren leben Menschen nach den Überzeugungen des Hl. Franz und der Hl. Klara und mitten in Italien, umgeben vom touristischen Treiben der Städte und Küstenregionen liegt eine stille Präsenz der Sehnsucht nach mehr und der Sehnsucht nach Gott.

Reisen bedeutet zu erleben, zu begegnen und zu genießen, aber auch achtsam und dankbar zu sein, für die Möglichkeit dies erleben zu dürfen. Die Reisegruppe genoss neben inspirierenden Zeiten des Innehaltens und der Stille auch das Flanieren in den Gassen von Assisi und erfreute sich am Beisammensein und den kulinarischen Köstlichkeiten, die Italien zu bieten hat.

E. BLOHBERGER


Weiter zum nächsten Artikel >>​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​

<< Zurück zur Übersicht​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​