Die Elisabethinen – eine Gemeinschaft starker Frauen
Vor kurzem wurde die Krypta der Elisabethinen in Linz neu gestaltet. Es war der Wunsch der Gemeinschaft, dass alle Ordensfrauen, die seit der Gründung des Klosters 1745 hier gelebt und gewirkt haben, auch namentlich sichtbar gemacht werden. Dies geschah in der künstlerischen Ausgestaltung der halbkreisförmigen hinteren Wand auf hochwertigen, farbigen Glastafeln. Betritt man nun diesen Ort, wird man durch diese kunstvoll gestaltete Wand von all jenen namentlich darauf verewigten Frauen in den Raum hineinbegleitet, die dieses Kloster über die Jahrhunderte hinweg mit Leben erfüllt und vor Ort gewirkt haben. Sr. Barbara Lehner, Generaloberin der Elisabethinen Linz-Wien, spricht oft von der Krypta als jenem Ort des Klosters, an dem einem am stärksten bewusst wird, dass das gesamte „Werk“ der Elisabethinen auf den Schultern dieser einfachen, tüchtigen Frauen ruht. Wir dürfen diesen Frauen ruhig noch das Attribut „stark“ anfügen. Worin ist diese Stärke begründet? Dieser Frage wollen wir in Bezug auf die Gemeinschaften in Linz, Wien und Graz etwas auf den Grund gehen.
„Stärke und Durchsetzungskraft liegen in der DNA der Elisabethinen“, sagte Sr. Barbara anlässlich der Präsentation der Chronik „Werte, Wandel und Wirken. Die Elisabethinen in Linz seit 1745“, die zum 275-Jahr-Jubiläum erschien. Die Chronik der Wiener „Lieserln“ aus dem Jahr 2009, die zum 300-Jahr-Jubiläum herausgegeben wurde, trägt gar den Titel „Starke Frauen im Wandel der Zeit“. In allen Chroniken findet man viele Belege, dass es tatsächlich sehr belastbare und durchsetzungsfähige Frauen waren, die ihre Berufung als Elisabethinen im Dienst an kranken Menschen und weit darüber hinaus lebten.
Die Mühen des Anfangs
Schon bei den Gründungen der elisabethinischen Konvente in Österreich galt es, viele Schwierigkeiten zu überwinden, und es bedurfte entschlossener und beharrlicher Persönlichkeiten, diese Hürden auch zu nehmen. Das erste Elisabethinenkloster in Österreich war Graz. Im ausgehenden 17. Jahrhundert hatte man in den habsburgischen Ländern von den tüchtigen Aachener Hospitalschwestern von der Hl. Elisabeth gehört, die in Düren ein Spital mit regelmäßiger Krankenpflege gegründet hatten. Auf Betreiben der Gräfin Maria Theresia von Wagensperg, auch in Graz ein solches Spital zu errichten, kamen 1690 drei Schwestern aus Düren in der Grazer Vorstadt an, darunter die erste Oberin im Grazer Konvent Maria Josepha de Rupé. Ursprünglich waren vier Schwestern aufgebrochen, jedoch musste eine Mitschwester auf der langen und beschwerlichen Reise ihr Leben lassen. Erst nach drei langen Jahren des bangen Wartens wurde der Stiftungsbrief von der Gräfin von Wagensperg unterzeichnet, und man konnte im darauffolgenden Jahr die Grundsteinlegung für das Kloster und Krankenhaus vornehmen.
Ähnlich holprig gestaltete sich die Gründungsgeschichte in Wien. Elf zermürbende Jahre dauerte es von den ersten Anträgen 1698 bis zur Genehmigung 1709. Für Mutter Maria Josepha Rupé musste es sehr schwierig gewesen sein, in dieser langen Zeit neben ihrem arbeitsreichen Alltag in Graz das Ziel, auch in Wien ein Elisabethinenkloster zu gründen, nicht aufzugeben. Aber Graz sollte allen Widrigkeiten zum Trotz zur Keimzelle aller Elisabethinenklöster in Österreich werden. Ein Jahr nach der Gründung in Wien brachen erneut von Graz Schwestern nach Klagenfurt auf und gründeten dort eine neues Kloster und Krankenhaus.
Das „jüngste“ Kloster in Linz wurde dann 1745 von Wien aus gegründet, und auch hier stieß die Stifterin Ernestine von Sternegg, die ihr Erbe als Hofapothekerstochter für ein Elisabethinenkloster mit Spital einsetzen wollte, bei den Stadtvätern auf mächtigen Widerstand. Nur auf Intervention von Kaiserin Maria Theresia persönlich durfte sie das Kloster mit einem Armenspital in Linz errichten.
Ausgewogene Lebensform
Bewegte Zeiten, wirtschaftliche Not, Widerstände von weltlichen und kirchlichen Obrigkeiten, Kriege, Naturkatastrophen und auch persönliche Schicksalsschläge konnten die Elisabethinen nicht daran hindern, in den über 300 Jahren ihres Bestehens in Österreich, ihrem Auftrag treu zu bleiben und sich mit all ihren Kräften und den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einzusetzen. Die Zielstrebigkeit, Entschlossenheit, das Durchhaltevermögen und nicht zuletzt auch das große Gottvertrauen der Gründerinnen und Stifterinnen waren wohl für alle Ordensfrauen in der Nachfolge eine starke Motivation und Triebfeder. Bemerkenswert ist dabei die Ausgewogenheit zwischen geistlichem Leben und selbstlosem Dasein für die Kranken. Es kommt nicht von ungefähr, dass alle Gründungen nach dem gleichen Muster erfolgten: wir bauen ein Kloster, ein Spital und eine Kirche. Diese Gegebenheiten schufen ein solides Fundament und gaben den Schwestern Stabilität als gute Voraussetzung für ihr Leben und Wirken.
Unabhängigkeit
Stärke schöpften die Elisabethinen auch aus der Tatsache, dass alle ihre Konvente selbständig sind. Einzige Ausnahme: die Konvente Linz und Wien fusionierten 2007, weil aufgrund der personellen Situation der Wiener Konvent allein nicht mehr überlebensfähig war. Eigentlich schloss sich damit ein Kreis, und die Elisabethinen zeigten wieder einmal Stärke, indem die jüngere Gemeinschaft nun der älteren unter die Arme griff. Durch diese Selbständigkeit der einzelnen Konvente war ihnen auch immer ein Handlungsspielraum ohne Abhängigkeiten möglich, den sie selbst abstecken und je nach ihren Ressourcen gestalten konnten. Und an Gestaltungswillen mangelte es den Schwestern zu keiner Zeit. Man sah die Bedürfnisse und Nöte und stellte sich immer die Frage: was können wir mit unseren Mitteln beitragen, um unserem Auftrag gemäß für die Menschen da zu sein? Die Möglichkeiten ausloten und etwas Sinnvolles damit zu machen, war immer die Devise.
Freude am Gestalten
Oft ging das Engagement weit über das Notwendige hinaus. Auch dafür lassen sich in den Chroniken der Konvente viele Beispiele finden. Pioniergeist, Offenheit für den Fortschritt, Freude am Gestalten und zukunftsweisende Strategien ermöglichten nicht nur die Entwicklung der Krankenhäuser zu modernsten medizinischen Zentren, sondern erweiterten den Wirkungsbereich weit über den medizinischen Kontext hinaus. Heute engagieren sich die Elisabethinen, gemeinsam mit ihren weltlichen Mitarbeiter*innen, in den vier Wirkfeldern glauben&leben, gesundheit&leben, wohnen&leben, lernen&leben und setzen darin Ideen um, die den Ansprüchen unserer modernen Gesellschaft gerecht werden. Auch dieses Vertrauen in die Mitarbeitenden in den Einrichtungen sehen die Elisabethinen nicht als unumgängliche Notwendigkeit, sondern als große Chance, in der Gesellschaftrelevant zu bleiben.
Geborgenheit in der Gemeinschaft
Im modernen Chargon könnte man all diese Tatsachen als kontinuierliche Erfolgsgeschichte bezeichnen. Starke Frauen hatten eine Idee und setzten alles daran, diese zum Erfolg zu machen. Aber „Erfolg“ war niemals die eigentliche Intention der Ordensfrauen, sondern einzig und allein, ihre Berufung im Dienst an den Nächsten zu leben. Dieser Auftrag war keine lineare Erfolgsstory, sondern führte sie oft auch an ihre physischen und psychischen Grenzen, und für manches mussten sie auch einen hohen Preis bezahlen, nicht nur im monetären Sinn, sondern auch im persönlichen Verzicht. Auch das prägte die Gemeinschaften, aber gerade die Geborgenheit in der Gemeinschaft machte die Schwestern auch wieder stark. „Die Schwestern haben mit viel Fleiß, großer Zuversicht und beschenkt mit den drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe ihr begonnenes Werk durch jede Zeitepoche geführt“, sagt Sr. Barbara. Sie fühlen sich dabei mit vielen Menschen verbunden und werden so auch in Zukunft mit Freude unsere Welt nach ihren Möglichkeiten mitgestalten.
A. RETSCHITZEGGER
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