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Verbindung von Tradition, Geschichte und Moderne - ein Lokalaugenschein

Verbindung von Tradition, Geschichte und Moderne - ein Lokalaugenschein

"Zentrum für Menschen im Alter" der Elisabethinen Wien-Mitte

 

Wien-Mitte, ein moderner Bahnhof, knapp 10 Minuten Fußweg vom Stephansdom entfernt. Verlässt man inmitten vieler Reisender, Berufstätiger, Studentinnen, Schülerinnen und Seniorinnen die quirlige Eingangshalle und wendet den Blick der Innenstadt abgewandt Richtung Landstraßer Hauptstraße, so fällt sofort die imposante Wohnhausanlage der Elisabethinen, die sich entlang der Invalidenstraße bis in die Landstraßer Hauptstraße zieht, ins Auge. 1932-1936 durch Ing. Karl Koblischek erbaut, war sie die kirchliche Antwort auf die Sozialbauten der Stadt Wien und steht heute unter Denkmalschutz.

 

Überquert man dann die laute Straße und nähert sich dem Wohnbau, der mit 163 Wohneinheiten und 28 Geschäftslokalen Heimat für viele Menschen ist, so gelangt man zum Eingang des angrenzenden Krankenhauses, Kirche und Kloster der Elisabethinen. Die Fassade des Gebäudekomplexes zur Landstraßer Hauptstraße wurde von Baumeister Franz Anton Pilgram in den Jahren 1743 bis 1749 vervollständigt und trotzt seit Jahrhunderten den Umwelteinflüssen der Großstadt. Der Eingang, umrahmt durch das im Originalzustand erhaltene Holztor, das nur in der Nacht geschlossen wird, lädt seit Mai dieses Jahres, mit freundlichem Licht und weiten Glastüren zum Eintreten ein.

Ein paar Schritte ins Gebäudeinnere genügen, um die laute Stadt und den Trubel der Straße zu vergessen und sich in Ruhe und Erstaunen in einer modernen und weitläufigen Eingangshalle wiederzufinden. Modern und dennoch mit der Geschichte verbunden. Während der Blick sich automatisch auf den modernen Empfangstresen richtet, erspäht man im Augenwinkel auf der linken Seite historische Bögen, die einen Durchgang zum Jahrhunderte alten Klostergang erlauben. Die Öffnung zu diesem Gang wurde im Zuge der Umbau- und Ausbauarbeiten zum „Zentrum für Menschen im Alter“ ermöglicht und verbindet Alt mit Neu. Auch die im Originalzustand von 1749 erhaltene hauseigene Apotheke, ein Juwel, auf das die Elisabethinen zu Recht stolz sein können, liegt nun eingebettet zwischen Geschichte und Moderne.

Architekt Markus Hiden ist seit 2014 federführend in das Projekt involviert. Im Gespräch erzählt er von der Vorgabe, im Zuge der Erneuerung keinen Spitalscharakter entstehen zu lassen und betont, dass die Umsetzung eines solchen Projekts nur durch intensive Überlegungen und auch die Bereitschaft des Bauherrn, den Altbestand zu schützen und den Neubestand harmonisch anzupassen, möglich sei. Der Lokalaugenschein bestätigt: Der Eingang samt Empfang und modern gediegener Café Lounge erweckt das Gefühl einer entspannten Hotel-Atmosphäre. Der neu gegossene Terrazzo-Boden, der in seiner Farbe die Solnhofener-Fliesen des historischen Klostergangs zitiert, vermittelt Beständigkeit, Weite und Nachhaltigkeit.

Lässt man den Empfang zur rechten Seite liegen, so betritt man den historischen Altbestand des Krankenhauses. Die Sanierungsarbeiten in dem in die Länge gezogenen Trakt, der künftig auch die Überleitungspflegestation St. Elisabeth beherbergen wird, werden im kommenden Jahr aufgenommen.

Großartige architektonische Verwirklichungen wären bei der Realisierung eines funktionalen Gebäudes, wie einem Krankenhaus, kaum möglich, meint Architekt Hiden, denn der Altbestand regle die architektonischen Ideen durch die bestehende Raumsituation. Formal könne man aber durchaus eine Wertigkeit in der Sanierung erzeugen. Eine den historischen Vorgaben angepasste Materialauswahl schaffe Harmonie, auch die Raumkonzepte müssen gut durchdacht sein. Hilfreich dabei waren viele Gespräche und Diskussionen mit der Baumanagerin des gesamten Projekts, Mag. Renate Schraml, ist Architekt Hiden überzeugt.

Zwei moderne Spitalsanbauten sind bereits realisiert. Auch sie sind harmonisch mit dem Altbau verbunden und schaffen mit großen Glasflächen ein helles Ambiente. Und betritt man über die inmitten des historischen Spitalstrakts liegende und von Franz Anton Pilgram errichtete Stiege die Obergeschosse, so landet man beinahe unvermutet in der neu aufgestockten Dachetage. Ein Wow-Effekt tut sich da auf: Modern, hell und freundlich präsentiert sich hier die Akutgeriatrie, die, wie schon die Eingangshalle, wenig von einem Spitalsbereich zeigt. Bänke entlang des Ganges laden zum Sitzen unter den Dachflächenfenstern ein, ja es riecht nicht einmal nach Krankenhaus.

Die Errichtung der beiden neuen Anbauten, die durch den Abbruch des in die Jahre gekommenen und nicht denkmalgeschützten Verwaltungstrakt ermöglicht wurden, und der Ausbau des Daches entpuppten sich als organisatorischer Kraftakt, erinnert sich Markus Hiden. Denn phasenweise waren Teile des Daches offen und das bei laufendem Krankenhausbetrieb. Und auch hier wurden architektonischen Höhenflügen durch das Bundesdenkmal die Flügel gestutzt. Die Symmetrie des Altbestandes war zu erhalten, die neuen Anbauten mussten abgerückt vom historischen Bestand ihre Anbindung finden, auch die bestehende Firsthöhe durfte nicht überschritten werden.

Die Sanierung der beiden historischen Krankenhausetagen und des Klosters, das in seinem Originalzustand erhalten ist, erfolgt in engmaschiger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt. Die größte Schwierigkeit sei, eine moderne haustechnische Versorgung in den Altbestand zu bringen, aber auch Fenster und Türen so zu sanieren, dass eine heute übliche Funktionsweise möglich sei. Denn, so der Architekt, das Erscheinungsbild der historischen Gänge und Fassaden müsse unangetastet bleiben, sind doch Spital, Kloster und Kirche eine einzigartig erhaltene Bausubstanz in Wien.

Ein kostbares Bauwerk mit Geschichte, viel Herz und die Jahrhunderte verbindenden Architektur. Und, sobald die letzten Bauarbeiten abgeschlossen sind, einer Atmosphäre und einer Aufenthaltsqualität, die die Genesung der Patientinnen unterstützen und fördern. Für die Elisabethinen wohl die wichtigste Wirkung.

M. Etlinger

Zur Person

Markus Hiden

beheimatet in Bad Aussee.

 

HTBLA Möbelbau und Innenausbau in Hallstatt, anschließend Architekturstudium

Seit 2006 bei Delta

 

Projekte: Gerngroß Mariahilferstraße (Projektleitung), Fertigstellung Umbau SCS, Zubau Landesklinikum Hochegg


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