Vom Qigong bis zur Teatime
Ein modernes Wohnhaus mitten in der Linzer Innenstadt, ein gepflegtes, stilvolles Ambiente, ein großer, ruhiger Garten mit einladenden Plätzen, eine freundliche, umsichtige junge Ordensfrau als Ansprechperson vor Ort, ein Begegnungsangebot für Jung und Alt – wer würde diese Wohnform nicht gerne sein Zuhause nennen? Seit fast drei Jahren wohnen Menschen verschiedener Lebensphasen im Generationenhaus der Elisabethinen in Linz unter einem Dach. Wie sich das Zusammenleben dort entwickelt hat, davon wollen wir in diesem Beitrag berichten.
ANFANGS STANDEN DIE Vorsichtsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie einem aufblühenden Gemeinschaftsleben noch etwas im Weg, mittlerweile aber gibt es ein breites Angebotsspektrum, das die Bewohner*innen zu einer lebendig interagierenden Hausgemeinschaft zusammenwachsen ließ. Manche Ideen kommen vom Leitungsteam, vieles ist aber auch aus dem Gemeinschaftsleben heraus entstanden. Lassen wir einmal eine Woche im Generationenhaus von Montag bis Freitag revuepassieren:
Von Montag bis Freitag ist viel los
Jeden letzten Montag im Monat trifft man sich zum beliebten Spielenachmittag in der Lisl Lounge. Egal ob Strategie, Reaktionsschnelligkeit oder Glück gefragt sind, es gibt eine ganze Reihe älterer Bewohner*innen, die ihre Brettspiele mitbringen, eine vergnügliche Zeit zusammen haben und auf diese Weise geistig fit bleiben.
An Dienstagen steht die Bewegungsstunde mit Katharina Innendorfer auf dem Programm. Leichte Bewegungs- und Entspannungsübungen mit Musik, im Sitzen oder im Stehen, helfen den älteren Menschen dabei, beweglich zu bleiben. Ein Angebot, das regelmäßig gerne von bis zu 10 Leuten im wunderschönen Ambiente der Lisl Lounge wahrgenommen wird. Ebenfalls am Dienstag, und zwar an jedem letzten des Monats, kommen auf Initiative von zwei Bewohnerinnen alle Interessierten zu einer Gesprächsrunde zusammen, bei der sich die Gruppe zu aktuellen Themen austauscht. So wurde z.B. schon angeregt über Künstliche Intelligenz diskutiert.
Mittwochs kommt Besuch aus dem elisana, wobei man bei der Chinesin Sue Ling, Physikopraktikerin, Diplomhygiagogin und Tuina-Praktikern, Therapiestunden buchen und sich selbst und dem Körper etwas Gutes tun kann.
Der Donnerstag ist jede zweite Woche für die Generationennachmittage reserviert. Hier sind oft externe Expert* innen zu Gast, die zu relevanten Themen Tipps und Informationen geben, wie z.B. Sturzprävention, kriminelle Tricks und wie man sich davor schützt, oder Ernährung- im Alter. Aber auch ein Qigong-Schnuppernachmittag mit Andrea Haneder vom elisana, oder ein ganz persönlicher Reisevortrag über den Südwesten der USA von Geschäftsführer Rudi Wagner standen schon auf dem Programm, ebenso wie Lesungen des Linzer Schauspieldoyens Gerhard Brössner, ein musikalischer Faschingsnachmittag oder ein Singnachmittag mit Chorleiterin Judith Hamberger. Ein weiterer besonderer Höhepunkt dieses Begegnungsformats am Donnerstag war in letzter Zeit ein Kreativnachmittag. Diese Initiative ging von zwei jungen kunstinteressierten Frauen aus einer der Student*innen-WGs aus, die sich einen Atelierraum zum künstlerischen Gestalten wünschten. Im Keller wurde ihnen ein solcher zur Verfügung gestellt, wo sie nun ihre Mal- und Bastelutensilien sowie eine Nähmaschine zu kreativen Zwecken in ihrer Freizeit nutzen. Den beiden Studentinnen war es wichtig, ihr Atelier auch für die älteren Menschen zu öffnen, und so entstand die Idee des gemeinsamen Malens. 35 Bewohner*innen, also fast das „halbe Haus“, verbrachten bereits einen Nachmittag damit, unter Anleitung der beiden Studentinnen zwei Leinwände zu gestalten, die in Kürze auch aufgehängt werden. Auch diese Idee findet eine Fortsetzung im Sommer.
Freitag ist der Tag der spirituellen Angebote, vorbereitet und gestaltet von Hausleiterin Sr. Luzia Reiter gemeinsam mit Interessierten. Schriftliche Impulse kann sich jede*r schon am Dienstag mitnehmen,- am Freitag tauscht man sich dann darüber in einer besinnlichen- Stunde in der Dachgalerie aus. Je nach Jahreszeit gibt es „Zeit für eine Pause“, Maiandachten in der Klosterkirche einen Adventweg oder eine Weihnachtsfeier. In der Osterzeit kam ein spiritueller Impuls auch von einem Theologen, der im Haus wohnt.
Begegnungsmöglichkeiten im elisabethinischen Umfeld
Zum breiten Angebotsspektrum, das an keine bestimmten Wochentage geknüpft ist, gehört auch das Erzählcafé in der Dachgalerie, „weil Reden immer gut tut“. Dieses lockere Gesprächsformat wird von Hanna Dambachmayr geleitet, die die Termine organisiert und moderiert. Es steht allen offen, die sich gerne in Gesprächen austauschen, egal, ob sie bei den Elisabethinen wohnen oder nicht. Gleich das erste Erzählcafé zum Thema „verliebt, verlobt, verheiratet“ rief viele Erinnerungen in den Gesprächsteilnehmer*innen wach und wurde ein voller Erfolg.
Viele Bewohnerinnen und Bewohner des Generationenhauses besuchen auch sehr gerne die Konzerte und Ausstellungen am Kulturtreffpunkt „Ort der Begegnung“ in der unmittelbaren Nachbarschaft im Elisabethinenkloster. Dort besteht die Möglichkeit zur Begegnung mit den Musiker*innen und Künstler*innen, den geistlichen Schwestern des Ordens und den externen Besucher*innen, ein Angebot, das mittlerweile ebenfalls sehr beliebt ist.
Auch Exkursionen sind Fixpunkte im Generationenhaus, die gerne frequentiert werden. So war man schon mit dem gelben Linzer Touristenzug in einer Sonderfahrt unterwegs, traf sich zu einer „Süßen Auszeit“ im benachbarten Lisl-Café oder unternahm eine „Virtuelle Reise“ an den Wiener Standort der Elisabethinen.
Eine ganz entzückende Idee wurde erst kürzlich anlässlich der Krönung von King Charles III in England in die Tat umgesetzt. Unter dem Motto „It’s Teatime“ genoss man einen Nachmittag mit englischen Scones und Earl Grey in der entsprechend Britisch geschmückten Lisl Lounge.
Im Foyer des Hauses steht seit kurzem ein sehr einfach zu bedienendes Touch Screen Terminal, wo man alle Angebote abrufen bzw. auch Fotorückblicke der verschiedenen gemeinsamen Aktivitäten anschauen kann. Eine 90-jährige Bewohnerin hat dieses Tool schon für sich entdeckt und erklärt es ihren Mitbewohner*innen inzwischen mit Begeisterung.
Zukunftsmodell
Der deutsche Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski hat formuliert, was in unserer Zeit immer mehr zur Tatsache geworden ist: „Immer mehr Menschen leben und wohnen in Zukunft allein. Architekten und Wohnungsgestalter müssen das Rückzugs- und Separierungsbedürfnis bei ihren Planungen berücksichtigen, ohne das Kontakt- und Kommunikationsbedürfnis auszublenden.“
Im Generationenhaus der Elisabethinen wurde mit den drei Wohnformen „Betreubares Wohnen“, „Wohnen am Elisabethgarten“ und „Junges Wohnen“ unter einem Dach ein zeitgemäßes Model für diesen Anspruch erfolgreich umgesetzt. Wer privat bleiben will, kann die Vorzüge des ruhigen Wohnens genießen, wer gerne unter Menschen ist, muss nicht allein sein.
A. RETSCHITZEGGER
Ich wohne seit Ende November 2022 im Generationenhaus. Ganz besonders schätze ich die Gemeinschaft, die wir hier miteinander pflegen. Es gibt ein großes Angebot an Veranstaltungen, die man besuchen kann. Besonders sagen mir persönlich die Gesprächsrunden zu, an denen ich immer wieder gerne teilnehme. Auch die Nähe zum Kloster finde ich sehr schön. Man spürt, dass dies auch ein spiritueller Ort ist. Ich kann sagen, dass ich schon gut angekommen bin.
BARBARA HIRSCHVOGEL,
WOHNEN AM ELISABETHGARTEN
Ich wohne in einer Garçonnière, die für mich allein völlig genügt. Ich bin sehr gerne da, weil ich unter die Leute komme. Wenn ich hinuntergehe, treffe ich immer jemanden. Ich komme gut selbständig zurecht, bin aber auch froh um die gute Betreuung durch Sr. Luzia, wenn ich ein Anliegen habe. Sehr gerne bin ich beim Spielenachmittag und besuchte auch oft die Bewegungsstunde, muss aber aus gesundheitlichen Gründen derzeit aussetzen. Die zentrale Lage ist auch ein großes Plus. Die Landstraße ist nicht weit weg, und es gibt viele Ärzte in der Umgebung.
FRANZ WEGER
BETREUBARES WOHNEN
Ich wohne seit zweieinhalb Jahren in einer WG mit fünf jungen Leuten. Für mich ist das seit langem wieder ein richtiges Daheim. Wir haben viel Platz und sind gute Freunde geworden, die ein paar Mal in der Woche gemeinsam etwas unternehmen. Ich fühle mich richtig behütet. Schön finde ich auch, dass wir, zwar nicht oft, aber doch Kontakt zu den älteren Bewohner*innen haben. Das empfinde ich als sehr erfüllend.
MARTINA SCHARRER
JUNGES WOHNEN
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